Sex & Sexualität

Sex ist komplex

Eigentlich ist der Geschlechtsverkehr ein natürlicher physischer Akt. Mann/Frau muss ihn nicht besonders lernen. Was sich jedoch als erfüllend, stimmig und verbindend anfühlt, ist individuell sehr verschieden – und verändert sich im Laufe einer Beziehung.
Guter Sex braucht Sicherheit, Neugier, Vertrauen, Spiel – und Kommunikation. All das entwickelt sich nicht von selbst. Besonders bei Paaren, die lange zusammen sind, entsteht eine Lücke zwischen sexuellem Wunsch und tatsächlichem Erleben. Die meisten Paare sprechen nicht offen darüber.
Viele glauben, guter Sex müsse einfach „von selbst“ passieren – so wie in der Anfangszeit. Sie erwarten, dass es immer gleich gut „klappt“. Doch das ist ein Mythos. Was wir körperlich tun, ist oft Routine. Was wir emotional dabei brauchen, ist komplex.

Auf Dauer guter Sex ist eher selten

Wollen zwei Menschen für viele Monate und Jahre erfüllten Sex erleben, ist ein umfassendes Verständnis und ein sensibler Umgang mit den vielen Aspekten von Sexualität entscheidend – sonst häufen sich die Komplikationen, die Intimkontakte werden selter und irgendwann bricht die sexuelle Beziehung ab. Das passiert leider sehr sehr häufig. Schade eigentlich, oder?
Wollt Ihr das verhindern, braucht Ihr Austausch, nicht einmal, immer wieder.

Löst Paartherapie die Probleme im Schlafzimmer?

Nicht immer. Aber sie hilft dem Paar, die Gespräche zu führen, die sie schon lange hätten führen müssen – aber bisher nicht miteinander führen konnten. Die Paartherapie bietet Raum für Fragen wie:

  • Wie sprechen wir über Sex, ohne Scham oder Vorwurf?
  • Wie entsteht Lust – individuell und gemeinsam?
  • Was bedeutet Intimität für mich – körperlich und emotional?
  • Wie können wir körperlich wieder in eine tiefe Verbindung kommen?

Sexuelle Bedürfnisse ändern sich –
das ganze Leben lang

Sexuelle Wünsche und Erwartungen verändern sich im Laufe einer Beziehung – manchmal schon wenige Wochen nach der ersten gemeinsamen Nacht. Das führt nicht selten zu Unzufriedenheit, Rückzug oder Streit. Häufig aber wird das Thema erst spät oder gar nicht angesprochen. Das kann über Jahre hinweg zu Missverständnissen führen.

Es gibt viele Gründe, warum die sexuelle Lust oder das Verhalten sich wandelt – körperliche, emotionale, soziale, hormonelle. Diese Veränderungen zu verstehen, kann helfen, sich selbst und den anderen besser einzuordnen – und offen darüber zu sprechen.

Sexualität im Verlauf der Beziehung

Zu Beginn einer Beziehung ist die sexuelle Anziehung meist besonders hoch. Alles ist neu, aufregend, unvorhersehbar. Manchen bezeichnen diese erste Phase als Honeymoon (“Honigmond”). Sie kann deutlich länger als einen “Mond” lang, also 29 Tage, bestehen. Aber irgendwann ist sie vorbei.
Studien zufolge nehmen 6 bis 24 Monate nach dem Kennenlernen Häufigkeit und Intensität des Sex deutlich ab. Das ist normal und hat nichts mit Älterwerden, Krankheit oder Warnzeichen einer Beziehungskrise zu tun. Im Gegenteil: gerade wenn die Partner einander ein hohes Maß an Geborgenheit geben, verschwindet die “Leiden-schaft” ein Stück weit.

Folgende Herausforderungen verstärken aber die Ausdünnung der Sexualkontakte:

  • Emotionale Distanz: Wenn sich emotionale Konflikte oder Entfremdung entwickeln, kann dies das sexuelle Verlangen und die Intimität beeinträchtigen.
  • Unausgesprochene Unzufriedenheit: Mangelnde Kommunikation über sexuelle Bedürfnisse und Wünsche kann zu Frustrationen führen, die das sexuelle Erleben beeinträchtigen.
  • Krankheit: Länger dauernde gesundheitliche Probleme beeinträchtigen die sexuelle Funktion und das Verlangen.
  • Stress und Druck: Beruflicher Stress, finanzielle Sorgen oder Probleme in der Kindererziehung können das sexuelle Interesse und die Energie massiv beeinflussen.

Sex während Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit

  • In der Schwangerschaft wird das Interesse an Intimität und Sex oft als schwankend erlebt. Also gibt es mal mehr Lust und mal weniger Lust auf Sex. „Schuld“ daran sind die Hormonschwankungen, ihre Folgen (wie z.B. häufiges Erbrechen) sowie andere körperliche Probleme sowie die emotionale Grundstimmung in der Paarbeziehung.
  • Geburt: Während Sex oft bis unmittelbar vor der Geburt möglich ist (bei drohender Übertragung wird er sogar empfohlen), bricht der Intimkontakt nach der Geburt eines Kindes erstmal komplett ab. Die Gründe:
    • Der Genitalbereich der Frau ist entzündet, oft auch durch Dammriss- oder Dammschnitt verletzt, und muss sich erholen.
    • Die Partnerin ist zumeist übermüdet, muss das Neugeborene versorgen und sich an die Mutterrolle anpassen.
  • Stillzeit. Ärzte und Hebammen empfehlen, nach einer normalen vaginalen Geburt etwa sechs Wochen zu warten, bevor sexuelle Aktivitäten wieder aufgenommen werden. Nach einem Dammschnitt oder Dammriss kann eine längere Pause notwendig sein.
  • Wurde der Dammschnitt oder Dammriss vernäht, kann der Scheideneingang schmerzhaft verengt sein.

Die Uhr des Lebens tickt auch im Schlafzimmer: Sex im höheren Lebensalter

Bei Frauen beginnt der hormonelle Wandel oft bereits Jahre vor den Wechseljahren – also meist zwischen 40 und 45. Die Ausschüttung der Sexualhormone sinkt allmählich, was sich häufig in einer deutlich nachlassenden Libido bemerkbar macht.
In den Wechseljahren selbst – also nach dem letzten Eisprung – treten zusätzliche körperliche Veränderungen auf: Die sexuelle Stimulierbarkeit nimmt häufig ab, es kommt zu Scheidentrockenheit und anderen Beschwerden, die den Geschlechtsverkehr erschweren oder unangenehm machen können. Manche Frauen erleben, dass die Lust auf Penetration deutlich abnimmt – während das Bedürfnis nach anderen Formen körperlicher Nähe wie Kuscheln oder Streicheln bestehen bleibt oder sogar wächst.
Irgendwann ist die hormonelle Umstellung abgeschlossen – und das sexuelle Erleben kann sich wieder normalisieren.

Bei Männern beginnt der altersbedingte Rückgang der Erektionsfähigkeit meist schleichend – oft bereits ab dem 40. Lebensjahr, zunächst kaum spürbar, später deutlicher. Um das 50. Lebensjahr merken viele Männer erstmals, dass manche Dinge „nicht mehr so wie früher“ funktionieren.

Auch die Refraktärphase – also die notwendige Pause nach der Ejakulation – wird mit zunehmendem Alter länger. Häufig berichten Männer, dass die Erektion nicht durchgängig gehalten werden kann oder bereits kurz nach Penetration wieder abnimmt.

Weitere Faktoren: Gesundheit, Körperbild, Zyklus

  • Gesundheitliche Belastungen wie chronische Erkrankungen, Schmerzen, Schlafdefizite (z. B. bei Stillzeiten) oder hormonelle Veränderungen senken Lust und die Sexualfunktion.
  • Übergewicht und negative Körperwahrnehmung führen häufig dazu, dass Berührungen vermieden oder Sexualität zurückgehalten wird – oft unbewusst.
  • Für jede Frau ändert sich das sexuelle Erleben, aber auch das Interesse an Sex regelmäßig im Verlauf ihres Monatszyklus. Sexuelle Lust und das sexuelle Erleben sind in den fruchtbaren Tagen am größten – also in den 2–3 Tagen vor dem Eisprung und am Tag des Eisprungs selbst.
  • Angst vor ungewollter Schwangerschaft ist ein wahrer Lustkiller: Die sexuelle Lust kann komplett zum Erliegen kommen – auch in ansonsten stabilen Beziehungen.
Geht auch Beziehung ohne Sex

Geht auch Beziehung ohne Sex?

Im Garten der Liebe ist der Sex schon der stärkste Baum, zumindest wenn der Garten frisch angelegt ist, die Beziehung noch nicht allzu lange besteht. Er überragt alles andere, gibt Struktur, spendet Schatten – und verdeckt vielleicht auch das eine oder andere, was noch nicht ganz gewachsen ist.
Aber was passiert, wenn dieser Baum mit der Zeit weniger wächst – oder sogar ganz verschwindet? Kann ein Garten ohne ihn weiter gedeihen? Kann eine Beziehung ohne (oder mit sehr seltenem) Sex genauso erfüllend sein wie eine mit regelmäßiger körperlicher Nähe?
Studien zeigen: Es kommt darauf an.
  • So fand die Universität Chicago heraus, dass Paare mit häufigerem Sex zufriedener mit ihrer Beziehung sind.
  • Eine Studie aus Bonn zeigte, dass Sex die Kommunikation zwischen Partnern verbessern kann.
  • Gleichzeitig belegen andere Studien – etwa aus dem US-Bundesstaat Indiana –, dass Paare ohne Sex genauso glücklich sein können wie sexuell aktive Paare – vorausgesetzt, die Beziehung ist in anderen Bereichen stabil und erfüllend.

Weniger Sex – mehr Sicherheit?

Die Häufigkeit sexueller Begegnungen hängt nicht nur von der Kommunikation ab, sondern auch stark von der Dauer der Beziehung. Oft nimmt der Sex in langfristigen, stabilen Partnerschaften ab – besonders dort, wo emotionale Sicherheit herrscht. Ein Rückgang ist also kein Warnsignal, sondern manchmal sogar Ausdruck von Vertrauen: Beide Partner fühlen sich so sicher miteinander, dass es keine ständigen „Liebesbeweise“ braucht.

Kein Sex bedeutet nicht das Ende einer Beziehung

Sex ist nicht der wichtigste Faktor für eine gelingende Beziehung – aber ein funktionierendes Sexualleben ist oft ein Zeichen für emotionale Nähe und gute Kommunikation.
Wenn Paare über längere Zeit keinen Sex mehr haben, kann das viele Ursachen haben – von unausgesprochenen Konflikten über körperliche Einschränkungen bis hin zu einem veränderten Bedürfnis nach Nähe. Gerade bei älteren Paaren jenseits der 50 überwiegen oft körperliche Gründe.
Wenig oder seltener Sex ist kein verlässlicher Indikator für Beziehungsprobleme. Studien zeigen: Viel wichtiger für die Zufriedenheit sind emotionale Unterstützung, Vertrauen und liebevolle Zuwendung.
Oder bildlich gesprochen: Auch ein Garten ohne großen Baum kann wunderschön sein – gerade wenn dort viele andere Pflanzen Zeit hatten, sich zu entfalten.

Paartherapie in Augsburg

Manchmal braucht es nur einen ersten Schritt, um wieder zueinanderzufinden. Meldet euch gerne und wir schauen gemeinsam, wie ich euch unterstützen kann.

Vertraut, verbunden – und ohne Sex? Über platonische Freundschaften

Platonische Freundschaften bezeichnen intensivere und emotional tiefere Freundschaften unter Erwachsenen oder Gleichgestellten als gewöhnliche Bekanntschaften oder oberflächliche Freundschaften, in der aber Sex und körperliche Nähe außen vor bleibt.
Platonische Freundschaften beinhalten ein höheres Maß an Vertrauen und Engagement. Sie können über viele Jahre bestehen. Platonische Freundschaften finden sich häufig in Gruppenkonstellationen, so unter Kolleg:innen in der Firma oder in ehrenamtlichen, künstlerischen oder sportlichen Institutionen.
Platonische Freundschaften sind gekennzeichnet durch die 4 Elemente Vertrauen, Zuneigung, emotionale Nähe sowie den Verzicht auf Sexualität, obwohl diese möglich wäre.
Platonische Freundschaften kennzeichnet oft der intensiver kommunikative Austausch – in stundenlangen Telefonaten oder am Kaffeetisch sowie gemeinsam verfolgte Aktivitäten wie Freizeitsport, Reisen, Baden, Tanzen oder die neuesten Netflix-Serien anschauen.
Diese Aktivitäten können auch zusammen mit anderen in einer größeren Gruppe stattfinden – in diesem Fall werden sie nur selten zu Konflikten führen. Aber selbst wenn das nicht der Fall ist: In vielen Fällen sind gemeinsame Reisen oder sportliche Aktivitäten zwischen platonischen Freund:innen völlig unproblematisch und eine Bereicherung für beide Seiten.
Alle Elemente der platonischen Freundschaft finden sich auch in Geschwisterbeziehungen, in Beziehungen zwischen Mutter und Sohn oder Tante und Nichte – trotzdem würde man all diese Beziehungen nicht „platonisch“ nennen. Das liegt daran, dass „platonisch“ in der Alltagssprache immer eine Art nicht-erotische Freundschaft unter Erwachsenen oder Gleichgestellten meint. Der Begriff „platonisch“ macht nur Sinn, wenn potenziell Erotik denkbar wäre, die aber gerade ausgeschlossen wird.

Das bedeutet

  • Respekt für die bestehende romantische Beziehung,
  • Offenheit und Ehrlichkeit in der Kommunikation,
  • Beachtung der in der Beziehung vereinbarten oder der sonst üblichen Grenzen wie zum Beispiel die Anmietung getrennter Zimmer bei Reisen.
Platonische Freundschaften

Was hilft, damit es gut bleibt?

Entscheidend ist, dass die beiden “platonischen” Partner gelegentlich über ihre Freundschaft sprechen – ehrlich, klar und ohne Vorwürfe. Welche Art von Kontakt ist für beide in Ordnung? Wo verlaufen persönliche oder gemeinsame Grenzen? Solche Fragen sollten nicht erst dann geklärt werden, wenn es bereits Unsicherheiten oder Eifersucht gibt.
Oft hilft es auch, wenn der romantische Partner nicht außen vor bleibt, sondern bewusst einbezogen wird – etwa bei gelegentlichen Treffen oder gemeinsamen Aktivitäten. Das schafft Transparenz, baut Ängste ab und verhindert, dass die Freundschaft als exklusiv erlebt wird. Inklusion statt Exklusion lautet das Prinzip.
Platonische Freundschaften brauchen – wie jede enge Beziehung – eine offene Kommunikation, klare Vereinbarungen und gegenseitigen Respekt. Dann können sie zu einer echten Bereicherung im Leben werden – für alle Beteiligten.

Welche Rolle hat heute die Monogamie?

Dass Menschen zur lebenslangen Treue geschaffen sind, darf bezweifelt werden. Die weltweiten Zahlen sprechen eine andere Sprache. Und doch: Viele Menschen wünschen sich eine exklusive, dauerhafte Bindung – und leben sie auch, zumindest zeitweise.
In westlichen Gesellschaften gilt die monogame Zweierbeziehung nach wie vor als Ideal. Der Satz „…bis dass der Tod Euch scheidet“ wird täglich tausendfach auf Standesämtern gesprochen. Auch der Staat fördert die sogenannte Einehe, etwa durch steuerliche Vorteile. Aber die Realität sieht oft anders aus: Rund die Hälfte aller Ehen wird geschieden, viele langjährige Partnerschaften ohne Trauschein enden ebenfalls.
Anthropologische Studien zeigen, dass lebenslange Monogamie in der Menschheitsgeschichte keineswegs der Normalfall war. In etwa 80 bis 85 % der traditionell lebenden Gesellschaften war Polygamie üblich – meist in Form eines Mannes mit mehreren Frauen. Die streng monogame Einehe entwickelte sich erst im Zuge des Ackerbaus, also vor etwa 10.000 Jahren – und diente vor allem der „gerechten“ Aufteilung von Partnerinnen in sesshaften Gesellschaften.
Heute hat sich vielerorts eine andere Form etabliert: die serielle Monogamie. Man lebt mit einem Partner exklusiv – und wenn sich die Lebenswege zu stark voneinander entfernen, trennt man sich und beginnt eine neue, wiederum exklusive Beziehung. Diese Form wird von der Mehrheit der Menschen als legitim empfunden – selbst dann, wenn eine Ehe nach 10, 15 oder 20 Jahren endet.
Hinzu kommt: Selbst innerhalb exklusiver Beziehungen war Monogamie historisch gesehen oft eher eine soziale als eine sexuelle Realität. Affären, Seitensprünge oder heimliche Liebschaften gehörten vielfach zum gelebten Alltag – besonders in Gesellschaften, in denen Sexualität stark reglementiert wurde.
Auch gegenwärtig ist Monogamie nur eine von mehreren möglichen Beziehungsformen. Immer mehr Menschen interessieren sich für alternative Modelle – etwa offene Beziehungen oder Polyamorie. Diese erfordern zwar ein hohes Maß an Reflexion, Kommunikation und Abgrenzung, können aber funktionieren und werden zum Teil über Jahre stabil gelebt.

Aufruf zur Gelassenheit

Treue ist ein komplexes Verhalten – geprägt durch Biologie, Sozialisation, persönliche Geschichte und aktuelle Lebensumstände. Niemand kann beim Start einer Beziehung mit Sicherheit wissen, wie sich beide Partner entwickeln werden.
Unsere Kultur hängt stark am Ideal der romantischen Liebe – und diese ist oft untrennbar mit dem Wunsch nach lebenslanger Treue verbunden. In der Anfangszeit gelingt das meist mühelos. Doch ob es für ein ganzes Leben trägt, muss jedes Paar selbst herausfinden.
Das macht Fremdgehen auch zu einer Sollbruchstelle der Langzeitbeziehung. Und es erklärt, warum viele Paare zwischen dem Ideal der Treue und der Realität des Wandels nach einer eigenen Lebensform suchen – nicht selten im Ringen um Lösungen für Bedürfnisse, die sich im Laufe der Beziehung auseinander entwickelt haben. Manchmal geschieht das in stiller Übereinkunft, manchmal im offenen Gespräch, manchmal in langen (Streit-)Gesprächen – und manchmal auch mit Hilfe einer Paartherapie.

Sex mit der/dem Falschen – kleine Begriffskunde

In der Paartherapie zeigt sich immer wieder: Konflikte rund um Treue und Nähe entstehen nicht nur durch Handlungen – sondern durch unterschiedliche Vorstellungen davon, was als Untreue gilt. Deshalb lohnt es sich, die Begriffe genauer zu betrachten:
Fremdgehen ist der Oberbegriff für alle Formen der Untreue, bei denen die emotionale oder sexuelle Exklusivität einer Beziehung verletzt wird. Ob einmalig oder wiederholt, mit oder ohne Sex – entscheidend ist: Es geschieht heimlich, hinter dem Rücken des Partners oder der Partnerin. Das erzeugt Vertrauensbruch, Wut, Eifersucht – und stellt fast jede Beziehung auf eine harte Probe.
Wird eine solche Außenbeziehung nur einmal oder kurzfristig ausgelebt, spricht man oft von einem Seitensprung – als vor allem sexuelle Begegnung außerhalb der Partnerschaft, die sozusagen spontan und ohne tiefere emotionale Beteiligung stattfindet.
Geht die Beziehung zur dritten Person für längere Zeit, spricht man von einer Affäre. Sie umfasst nicht nur wiederholten Sex, sondern meist auch emotionale Nähe – und stellt eine besonders starke Belastung für die Hauptbeziehung dar.
Auch ohne körperliche Nähe kann eine Außenbeziehung entstehen: etwa durch regelmäßigen Austausch tiefer Gefühle, vertrauliche Gespräche oder emotionale Verbundenheit mit einer anderen Person. In solchen Fällen sprechen wir von einer emotionalen Affäre – eine Form der Untreue, die besonders von Frauen sehr schmerzhaft erlebt wird, weil sie Nähe auf einer sehr persönlichen Ebene betrifft.
Es gibt auch Fremdverlieben – eine emotionale Zuwendung zu einer anderen Person, bei der (noch) keine sexuelle Handlung erfolgt ist. Für viele Betroffene ist das bereits ein Alarmsignal. Andere haben gelernt, solche Gefühle an sich vorbeiziehen zu lassen.
Beim Fremdküssen – also das Küssen einer anderen Person mit erotischer Absicht – wird das weit
seltener stattfinden. Sie wird entsprechend viel häufiger als Grenzüberschreitung erlebt. Studien
differenzieren aber: Frauen bewerten einen Kuss außerhalb der Beziehung häufiger als Untreue als
Männer.

Andere Begrifflichkeiten verweisen stärker auf Konvention und Regelbruch:

  • Ehebruch bezeichnet Untreue innerhalb einer Ehe – ein juristisch und moralisch aufgeladener Begriff, der heute kaum noch verwendet wird.
  • Untreue ist der eher klassische Ausdruck für den Bruch gemeinsamer Vereinbarungen, meist bezogen auf sexuelle Exklusivität, manchmal auch emotional.
  • Betrug wird oft synonym mit Fremdgehen verwendet – betont aber stärker den Aspekt der Täuschung, etwa durch Lügen, Heimlichkeiten oder Verschweigen.
Manche Formen von Untreue finden inzwischen über digitale Medien statt. Beim sogenannten Sexting etwa werden erotische Nachrichten, Fotos oder Sprachnachrichten mit Dritten ausgetauscht – meist heimlich, gelegentlich sogar ohne „echte“ Begegnung. Dennoch empfinden viele Partner:innen auch dies bereits als Vertrauensbruch.
In offenen oder polyamoren Beziehungen gelten andere Regeln. Hier wird nicht jede intime Begegnung als Fremdgehen gewertet – solange sie transparent ist und in den gemeinsam definierten Rahmen passt. Doch auch in solchen Modellen kann Untreue entstehen – nämlich immer dann, wenn Vereinbarungen gebrochen oder Bedürfnisse übergangen werden.
Sex mit der dem Falschen

Paartherapie in Augsburg

Manchmal braucht es nur einen ersten Schritt, um wieder zueinanderzufinden. Meldet euch gerne und wir schauen gemeinsam, wie ich euch unterstützen kann.

Polyamorie und offene Beziehung: Ansätze, die populärer werden

Offene Beziehungen und polyamore Partnerschaften sind Formen der sogenannten Nicht-Monogamie – also Partnerschaftsmodelle, in denen sexuelle oder emotionale Exklusivität nicht als Voraussetzung gilt. Sie unterscheiden sich jedoch deutlich voneinander.
Wenn ein Paar beschließt, eine ursprünglich monogame Beziehung zu öffnen, heißt das meist: Beide Partner erlauben einander sexuelle Kontakte zu anderen – also eine offene Beziehung einzugehen. Mit „Fremdgehen“ ist in diesem Zusammenhang tatsächlich Sex mit Dritten gemeint, der sich spontan ergibt, ohne dass daraus eine tiefere oder dauerhafte Bindung entstehen muss.
  • Die Kernbeziehung – oft in Form einer Ehe oder langjährigen Partnerschaft – bleibt dabei bestehen.
  • Wie genau die Öffnung gelebt werden soll, ist Verhandlungssache. Viele Paare vereinbaren Regeln: etwa wann, mit wem oder unter welchen Bedingungen Intimkontakte erlaubt sind.
  • Häufig wird auch ein sogenannter „Kondomvertrag“ abgeschlossen, um Safer Sex außerhalb der Hauptbeziehung sicherzustellen.
Polyamorie hingegen geht weiter: Hier steht die Möglichkeit im Mittelpunkt, gleichzeitig mehrere liebevolle, sexuelle und emotionale Beziehungen zu führen – mit dem Wissen und der Zustimmung aller Beteiligten.
  • Im Idealfall sind alle Beziehungen gleichwertig, doch in der Praxis entsteht oft eine Hierarchie – etwa zwischen einer „Hauptbeziehung“ und weiteren sekundären Verbindungen.
  • Polyamorie erfordert ein hohes Maß an Kommunikation, Reflexion und Selbstverantwortung.
  • Und sie verlangt, dass Eifersucht und Besitzdenken bewusst bearbeitet werden – was nicht jedem gelingt.

Warum entscheiden sich Paare für eine offene oder polyamore Beziehung?

Warum Paare sich auf solche Modelle einlassen, ist unterschiedlich. Oft sind es stark unterschiedliche Bedürfnisse hinsichtlich Häufigkeit oder Art der Sexualität, die mit der Öffnung entlastet werden sollen. Manchmal steht auch der Wunsch im Vordergrund, emotionale oder sexuelle Erlebnisse nicht nur mit einer Person zu teilen.
Beide Beziehungsformen – offene Beziehung wie Polyamorie – setzen ein hohes Maß an Kommunikation, Reflexion und Klarheit voraus. Ohne das drohen Verletzungen, Missverständnisse oder langfristige Schieflagen.
Was gut laufen kann: Viele Paare berichten, dass sich durch die Öffnung ihrer Beziehung Eifersucht und Verlustängste verringert haben – vor allem, wenn klare Regeln gelten und regelmäßig miteinander gesprochen wird. Auch lässt sich der Druck auf die sexuelle Beziehung innerhalb der Kernbeziehung dadurch manchmal verringern.
Was Schwierigkeiten macht: Nicht selten kommt es trotzdem zu Eifersucht, Unsicherheit oder Kränkungen – besonders wenn Absprachen unklar bleiben oder emotionale Bedürfnisse unausgesprochen bleiben. Die emotionale Belastung ist nicht zu unterschätzen – und viele Beziehungen scheitern an der Umsetzung.
Wichtig zu wissen: Offene Beziehungen oder Polyamorie sind keine „Lösungen“ für bestehende Krisen oder ein gestörtes Sexualleben. Sie funktionieren nur, wenn beide Partner ehrlich zu sich selbst sind – und wirklich wollen, was sie vereinbaren. Eine Paartherapie kann dabei helfen, herauszufinden, ob ein alternatives Modell wirklich zum eigenen Leben passt – oder eher eine Flucht aus ungelösten Konflikten ist.

Offene Beziehung auf Probe?

Eine mögliche Option ist auch ein Probelauf: eine offene Beziehung auf Zeit, zum Beispiel für einige Monate, begleitet durch klare Absprachen und regelmäßige Gespräche, um gute und schwierige Erfahrungen gemeinsam zu reflektieren.

Fremdgehen & Affären – menschlich und trotzdem schädlich (meistens)

Fremdgehen ist der Oberbegriff für jede Form von Untreue in einer Partnerschaft.
  • Fremdgehen passiert heimlich, hinter dem Rücken des Partners oder der Partnerin.
  • Fremdgehen kann einmalig (z. B. “One-Night-Stand”) oder wiederholt passieren.
  • Im allgemeinen Sprachgebrauch schließt Fremdgehen sexuelle Handlungen mit ein, aus Sicht der Psychotherapie gibt es auch emotionales Fremdgehen (intime Geheimnisse, Verliebtheit).
Eine Affäre ist eine wiederholte, andauernde Form von Fremdgehen: sie dauert länger, die Beziehung funktioniert emotional und sexuell, es existiert eine tiefere Bindung.

Weltweit ein Massenphänomen

Studien zeigen: Weltweit sind 20 bis 50 % der Männer und 10 bis 40 % der Frauen mindestens einmal im Leben untreu. In Deutschland geben etwa 25 bis 40 % der Menschen in fester Beziehung an, schon einmal fremdgegangen zu sein.
Der Unterschied zwischen den Geschlechtern schmilzt: Frauen holen statistisch auf – nicht, weil sie „untreuer“ geworden sind, sondern weil sie heute mehr Gelegenheiten und Entscheidungsfreiheit haben.
Fremdgehen kann viele Formen annehmen: Ein One-Night-Stand. Eine Affäre über Wochen oder Jahre. Eine emotionale Bindung zu jemand anderem – ohne körperlichen Kontakt. Und die Gründe sind ebenso vielfältig. Fast immer aber lässt sich sagen: Irgendetwas in der Beziehung fehlt. Aufmerksamkeit. Wertschätzung. Abwechslung. Oder einfach das Gefühl, noch zu begehren – und begehrenswert zu sein.

Fremdgehen trotz glücklicher Beziehung?

Ja, auch das kommt vor. Etwa zehn Prozent der Affären entstehen, obwohl die Beziehung intakt wirkt: mit Liebe, Nähe und sogar gutem Sex. Doch der Reiz des Neuen, die zufällige Gelegenheit oder das Bedürfnis nach Selbstbestätigung können stärker sein als die Stimme der Vernunft. Wenn in stabilen Partnerschaften Untreue auftritt, helfen die Umstände oft kräftig mit:

  • Nähe durch andere Kontexte: Etwa im Kollegenkreis, in der Selbsterfahrungsgruppe, in der Bigband oder im Yogakurs – emotionale oder körperliche Nähe entsteht.
  • Reisen oder längeres Getrenntsein: Geschäftsreisen oder andere Formen physischer Trennung schaffen Gelegenheiten – besonders wenn sich jemand einsam oder innerlich abgehängt fühlt.
Für die restlichen neunzig Prozent gilt: Die Untreue ist Folge einer emotionalen Distanz, die sich oft schleichend aufgebaut hat – ungelöste Konflikte, fehlende Gespräche, sexuelle Frustration. Manchmal bleibt die Entfremdung lange unbemerkt, bis ein Außenkontakt alles ins Wanken bringt.

Kann man den “alten” Partner weiter lieben, trotz Affäre?

Ja, aus Sicht des fremdgehenden Partners kann das durchaus gehen. Manchen können Sex und Gefühle ganz gut trennen. Sie gehen nicht fremd, weil sie in der Beziehung unglücklich sind, sondern weil sie sich selbst etwas Besonderes gönnen wollen:
Den Menschen, dem man zufällig näher gekommen ist, zu entdecken. Neugier auf Haut, Sex und andere Seiten zu stillen, die in der eigenen Beziehung vielleicht eingeschlafen sind. Und trotzdem am nächsten Abend den Partner in der Kernbeziehung umarmen – als wäre nichts gewesen.
Aus Sicht des betrogenen Partners sieht das ganz anders aus. Für die meisten ist die Vorstellung unerträglich, dass Liebe und Treue sich trennen lassen. Die körperliche Nähe mit einer dritten Person wird als Verrat erlebt – nicht nur am gemeinsamen Treueversprechen, sondern auch an der emotionalen Exklusivität. Die Frage „Habe ich Dir nicht mehr gereicht?“ mischt sich mit Scham, Wut und Verletzung. Selbst wenn der fremdgehende Partner beteuert, es habe „nichts zu bedeuten gehabt“, fühlt sich das für den anderen selten glaubwürdig oder entlastend an. Nicht selten verspüren Betroffene sogar körperliche Abwehr oder Ekel bei der Vorstellung, den Partner nach dem Seitensprung wieder zu berühren.
Fremdgehen und Affären

Fremdgehen ist fast immer ein Bindungsverletzung

Im Ergebnis ist Fremdgehen fast immer ein Trauma für den betrogenen Partner. Nicht nur wegen des Vertrauensbruchs, sondern weil es die emotionale Sicherheit der Beziehung erschüttert. Therapeuten sprechen hier zu Recht von einer tiefgreifenden Bindungsverletzung (Beziehungstrauma). Selbst wenn keine Trennung folgt, bleibt oft eine tiefe Wunde, die lange braucht, um zu heilen.

Männern und Frauen – unterschiedliche Muster beim Fremdgehen?

Männer und Frauen ticken nicht gleich. Die folgenden Faktoren spielen vor allem für Männer eine Rolle:

  • Suche nach sexueller Abwechslung: Männer nennen oft das Bedürfnis nach sexueller Vielfalt als wichtigstes Motiv für ihre Untreue. Sie suchen andere sexuelle Erfahrungen als die, die sie in ihrer aktuellen Beziehung erleben.
  • Erloschenes Sexleben: Wenn „zu Hause nichts mehr geht“, wächst die Versuchung.
  • Gelegenheit macht Seitensprung: Studien zeigen, dass Männer mehr als Frauen dazu tendieren, Gelegenheiten, die sich anbieten beherzt zu ergreifen – besonders wenn sie erwarten, nicht erwischt zu werden, zum Beispiel auf beruflichen Reisen.

Und das ist für Frauen besonders wichtig:

  • Suche nach emotionaler Verbindung: Frauen geben häufiger an, dass emotionale Vernachlässigung oder mangelnde emotionale Verbindung mit ihrem Partner der Hauptgrund für ihre Untreue ist. Sie suchen oft eine tiefere emotionale Verbindung, die sie in ihrer aktuellen Beziehung vermissen. Öfters kommt es auch gar nicht zum Sex – es bleibt bei der emotionalen Affäre.
  • Unzufriedenheit in der Beziehung: Frauen gehen häufiger fremd, wenn sie unzufrieden mit ihrer Beziehung sind, mangelnde Kommunikation und fehlende Nähe beklagen und sich nicht gesehen und alleingelassen fühlen,
  • Bestätigung und Selbstwertgefühl: Die Sehnsucht nach Anerkennung und Gesehenwerden kann stärker sein als die Loyalität.

Fremdgehen und Affären füllen Lücken – zerstören aber Vertrauen

Oft entsteht eine Affäre dort, wo in der Partnerschaft etwas verloren gegangen ist: Nähe, Respekt, gemeinsame Erlebnisse oder körperliche Verbundenheit. Anstatt über die Leerstelle zu sprechen, wird sie mit einer Außenbeziehung „gefüllt“.
Das Ergebnis: intensives Begehren, Aufmerksamkeit, sexuelle Neugier – all das, was im Alltag untergegangen ist. Nur leider auf einem fremden Spielfeld.

Und dann? Paartherapie. Vielleicht.

Nicht selten ist es genau der Scherbenhaufen nach der Affäre, der Paare dazu bringt, sich Hilfe zu holen. In der Therapie wird oft zum ersten Mal offen ausgesprochen, was vorher unter der Oberfläche gärte:

  • Was hat gefehlt?
  • Wo haben wir einander aus den Augen verloren?
  • Was wollen wir künftig schützen – und was verändern?
Paartherapie kann helfen, diese sehr unterschiedlichen Perspektiven auszuhalten, ohne vorschnell zu versöhnen. Es geht nicht um Recht oder Unrecht, sondern um den Versuch, Verständnis für die Tiefe der Verletzung – und für die Komplexität des Geschehens – zu entwickeln.
Manche Paare finden über diesen Prozess zu neuer Klarheit. Sie trennen sich. Oder beginnen – mit Unterstützung – noch einmal neu.

Ist das ein Freipass zum Fremdgehen?

Natürlich nicht. Affären geht man nur für sich selbst ein. Niemand sagt, dass Affären für die Beziehung gut sind. Wie gesagt: Sie lösen ein massives Trauma aus, weil sie die emotionale Sicherheit des betrogenen Partners bedrohen.
Aber sie können zum Wendepunkt werden:
Wenn das Paar bereit ist, hinzuschauen. Wenn endlich ausgesprochen wird, was lange unterdrückt war. Dann wird manchmal möglich, was vorher undenkbar war: Die Beziehung neu zu verhandeln – genauer, ehrlicher, vielleicht sogar stärker als zuvor.
Fremdgehen ist fast immer ein Bindungsverletzung

Probleme mit der Sexualität als Thema der Paartherapie

Sexuelle Probleme in langjährigen Beziehungen sind häufig – und selten nur körperlich bedingt. Oft liegt eine Kombination aus biologischen, psychischen und beziehungsdynamischen Faktoren vor. Deshalb gehört das Thema Sexualität ganz selbstverständlich in die Paartherapie – nicht als Randthema, sondern als zentrales Fenster zur Beziehungsgestaltung.

Sexualität ist ein Barometer der Beziehung

Wenn Paare über Monate oder Jahre unzufrieden mit ihrem Sexualleben sind, wirkt sich das auf Nähe, Kommunikation, Selbstwert und Beziehungszufriedenheit aus. Gleichzeitig spiegelt das, was „im Bett“ nicht funktioniert, oft das, was im emotionalen Miteinander blockiert ist.
In der Emotionsfokussierten Paartherapie (EFT) wird Sexualität deshalb nicht isoliert betrachtet, sondern eingebettet in die Bindungsdynamik des Paares. Hinter sexuellen Rückzügen oder Spannungen zeigen sich oft tieferliegende emotionale Schutzmechanismen – etwa Angst vor Zurückweisung, Scham, Überforderung oder die Erfahrung, nicht begehrt zu werden.

Typische Ausgangslagen in der Praxis

  • Einer der Partner hat deutlich mehr Lust als der andere – und drängt. Der andere zieht sich zurück. Das verstärkt den Druck. So entsteht ein sich selbst verstärkender Kreislauf aus Nähewunsch und Rückzug.
  • Unterschiedliche Vorlieben oder Bedürfnisse (z. B. Häufigkeit, Art des Kontakts) führen zu Frustration, aber nicht zu offenem Austausch – aus Angst, verletzt oder beschämt zu werden.
  • Nach Affären oder emotionalen Brüchen ist der Körperkontakt blockiert – nicht aus Unlust, sondern aus Unsicherheit.

Körperliche, psychische und beziehungsbezogene Ursachen greifen ineinander

  • Körperliche Faktoren: hormonelle Veränderungen (z. B. in der Menopause), Erkrankungen, chronischer Stress, Medikamente (z. B. Betablocker oder Antidepressiva)
  • Psychische Faktoren: Depression, Angststörungen, Trauma (z. B. sexualisierte Gewalt), geringes Selbstwertgefühl
  • Beziehungsdynamische Faktoren: ungelöste Konflikte, Misstrauen, emotionale Distanz, unausgesprochene Bedürfnisse oder Enttäuschungen

Sexuelle Dysfunktionen – medizinisch klar definiert

Wenn die Probleme länger als sechs Monate bestehen und zu persönlichem Leid oder partnerschaftlicher Belastung führen, spricht man aus sexualmedizinischer Sicht von einer sexuellen Dysfunktion. Die häufigsten sind:

  • verminderte sexuelle Lust (Libidoverlust, sexuelle Aversion)
  • Erektionsstörung beim Mann
  • Lubrikationsstörung (unzureichende Befeuchtung) bei der Frau
  • Orgasmusstörung (verzögerter, ausbleibender oder vorzeitiger Orgasmus)
  • Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie)
  • unwillkürliche Verkrampfung der Beckenbodenmuskulatur (Vaginismus).

Diagnostik: Was braucht es wirklich?

Oft ist bereits durch die Anamnese erkennbar, ob eher psychische, körperliche oder beziehungsbezogene Ursachen im Vordergrund stehen. Dennoch sollte bei Verdacht auf eine organische Beteiligung immer eine fachärztliche Abklärung erfolgen – z. B. durch Gynäkologin, Urologe oder Endokrinologin. Die Paartherapie kann diese Abklärung initiieren und begleiten.

Was kann eine Paartherapie leisten?

  • Offene Kommunikation fördern: Viele sexuelle Probleme lassen sich nicht „lösen“, aber verändern, wenn Bedürfnisse, Ängste und Fantasien ausgesprochen werden dürfen – ohne Scham oder Schuld.
  • Blockierende Dynamiken auflösen: Die Paartherapie hilft, festgefahrene Muster zu erkennen – etwa den „Drucker“ und den „Vermeider“ – und neue Wege zu Nähe und Intimität zu eröffnen.
  • Sex neu definieren: Gerade wenn körperliche Einschränkungen bestehen (z. B. Erektionsprobleme, Scheidentrockenheit), kann es hilfreich sein, Intimität nicht auf Penetration zu beschränken. Oralsex, Streicheln oder einfach zärtliche Präsenz können genauso erfüllend sein – wenn beide offen dafür sind.
  • Scham und Leistungsdruck abbauen: Der emotionale Raum der Therapie kann helfen, Sexualität wieder spielerisch, neugierig und verbunden zu erleben.

Wann ist Sexualtherapie sinnvoll?

Wenn die Störung stark ausgeprägt ist, über längere Zeit besteht oder im Vordergrund eine individuelle Blockade steht, kann eine Sexualtherapie im engeren Sinne notwendig werden – etwa bei tief sitzender sexueller Aversion, Vaginismus oder chronischer Lustlosigkeit. Der Übergang von Paar- zu Sexualtherapie kann fließend gestaltet werden – etwa durch begleitende Einzelstunden oder interdisziplinäre Kooperation.

Fazit: Sexualität ist gestaltbar

Sexuelle Nähe ist kein Automatismus – sondern Ausdruck emotionaler Sicherheit, gegenseitiger Offenheit und der Bereitschaft, sich auf den anderen einzulassen. Und sie verändert sich – mit den Lebensphasen, den Körpern, den Erfahrungen.
Paartherapie kann helfen, diesen Veränderungsprozess zu begleiten – nicht, um „wieder wie früher“ zu werden, sondern um zu entdecken, was heute möglich ist.